Mut tut not

Gestern ging in Berlin eine dreiwöchige Aktion zur Erinnerung an die Geiseln zu Ende. Für jede vermisste Geisel war dort ein Stuhl mit ihrem Protrait aufgestellt worden, neben einer grossen Sanduhr, welche die – für ihr Überleben – davonlaufende Zeit darstellte sowie eine Kopie eines Tunnels, in welchem an die 15000 Besucher am eigenen Leib die Beklemmung, sich darin zu befinden, spüren konnten. Obwohl es jeweils nur für einen kurzen Moment war und nicht für mittlerweile 243 Tage.

In den drei Wochen hat sich die Situation der Geiseln leider nicht verbessert. Es sind weitere Videos und Tonaufnahmen aufgetaucht, die zur grausamen psychologischen Kriegsführung der Hamas gehören, die versucht, die israelische Gesellschaft zu destabilisieren. Ausserdem wurden die Leichen von mehreren Geiseln gefunden und nach Israel gebracht. Die Geiseln, die noch am Leben sind, werden immer weniger. Mir kommt es vor wie eine teuflische Variante des „Sesseltanzes“, wo die Stühle ständig weniger werden.

Politiker, die mit Angehörigen von Geiseln sprechen, sagen im Nachhinein, sie seien zutiefst betroffen von dem grossen Leid.
Wer könnte auch nicht von der anhaltenden Tragödie betroffen sein? Ganz egal, ob man in der Mitte, rechts oder links (von mir aus auch oben oder unten, vorne oder hinten) steht, egal, welcher Religion oder welcher Ethnie man angehört.

Zumindest würde man das meinen. Dem ist aber nicht so. Immer wieder kam es während der drei Wochen zu Schmierereien, Beschimpfungen und Provokationen, vereinzelt wurden Helfer auch bespuckt. Spucken scheint eine Vorliebe der Israel Hasser zu sein, davon wurden wir selber Zeuge anlässlich einer Mini Fotoausstellung mit Bildern der Geiseln in Zürich.

Ich will dazu nicht mehr sagen. Es spricht für sich selber.

Dafür möchte ich auf eine mutige Frau hinweisen, die sich jeweils mit ihren Miniplakaten stumm hinstellt, wenn der Mob vorbeizieht. Mir war Karolina Preisler bisher nicht bekannt und so weiss ich wenig bis nichts über die FDP Politikerin. Offnbar steht sie nicht zum ersten Mal im Rampenlicht. Wie auch immer – ich finde ihre wiederholten Aktionen bemerkenswert. Ich würde mich nicht getrauen und fühle mich schon verwegen, wenn ich mit meinen „Am Israel Chai“ Armband unterwegs bin.

Ihr Ding ist es, unbeirrt Präsenz zu markieren (was mich an den israelischen Psychologen Chaim Omer erinnert, der auf diese Weise renitenten Schülern begegnet). Obwohl sie ruhig dasteht, wird das von der Gegenseite nicht gut aufgenommen Sie wird beschimpft und die Plakate werden ihr aus der Hand gerissen.

Das erinnert mich an den Marsch des Lebens, an welchem wir teilnahmen (es geht um die Erinnerung an den Holocaust und um Versöhnung), wo ein einzelner Mann mit einem „Genozid in Gaza“ Plakat dastand. Ich fand das fehl am Platz, denn in meinen Augen hat die Erinnerung an 6 Millionen ermordete Juden jetzt nicht so wahnsinnig viel mit den aktuellen Vorgängen in Gaza zu tun, ganz egal, wie man die Sache ansieht. Der Mann wurde trotzdem in Ruhe gelassen und ich habe nicht eine einzige Person gesehen, die ihn beschimpft hätte.

Für mich ist dieser kleine Unterschied ein sehr grosser. Ich finde, er sagt viel aus.

E

Einige Aussagen aus dem Video:


Am 7. Oktober sah ich schreckliche Bilder. Es geht um Judenhass; Frauen, Kinder, Familien sind getötet worden und es war eine Grausamkeit, wie wir sie aus der Schoa kennen.

Ich habe den Einruck, dass viele Menschen bequem geworden sind. Wenn es sie nicht betrifft, das heisst wenn der Nachbar überfallen und erschlagen wird, wenn andere Kinder entführt und Frauen vergewaltigt werden, können sie damit leben.

Propalästinensische Versammlungen sind schwer, denn es werden Lügen verbreitet und die Unwahrheit gesagt, aber ich muss sie aushalten, denn wir sind ein demokratisches Land.
Dann möchte ich aber auch, dass meine Gegenrede ausgehalten wird.

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