Goldenes Alter

Die Zeit rast mal wieder. Ganz im Gegensatz zu mir. Ich bin aus fusstechnischen Gründen derzeit im Schneckentempo unterwegs, wenn überhaupt. Kleiner Vorgeschmack auf die Zeit, wenn ich so richtig alt sein werde. Also – auch gefühlt alt, meine ich.
Aber eben, Weihnachten steht schon wieder vor der Tür, dabei hat es sie doch eben erst zugeknallt.

Diesmal geniesse ich die Lichter, die glücklicherweise trotzdem noch hie und da blinken (entweder bei Leuten, die sich einen Dreck ums Klima scheren oder aber bei solchen, die etwas von Strom verstehen…) mehr als sonst und auch die Kerzen flackern wieder  «…i dere dunkle Winterszyt schänksch du din hellä Schii…» singen wir in der Schule, wo wir uns aufs Weihnachtssingen vorbereiten, und nie fühlte es sich wahrer an als in diesem Jahr.
Wie ist es möglich, dass die Frau am Keyboard so viel positive Energie ausstrahlt und uns bei der Probe tatkräftig unterstützt? Wo sie doch unter ihrer Sorgenlast fast zusammenbrechen muss; sie mit den Kindern hier, Mann und Eltern im Kriegsgebiet, wo es mittlerweile des Winters wegen ums nackte Überleben geht.
Vielleicht geling ihr, was viele anstreben, aber nicht können: ganz im Moment zu leben.

Auch ich geniesse den Moment: das letzte Mal Weihnachtszeit mit einer eigenen Klasse.
Mit der Klasse in den genialen PiA (Physik im Alltag) Kalender reingucken, auf den mich Gott sei Dank ein Vater aufmerksam gemacht hat. Zusammen Weihnachtslieder üben. Mir fürs Ankommen am Morgen ein *Musikstück auszudenken und ein paar Hintergrundinfos sammeln (Von wem stammt es? Wer richtig tippt, kommt in die Verlosung fürs Schokoladenschaf aus dem Kalender). Kerzen ziehen. Lichterschwimmen. Vermutlich machen diese Dinge mir sogar noch mehr Spass als den Kindern.
Und dennoch. Es geht mir wie vor einer Dekade – ich hab grad ein déjà vu. Auch in meinem letzten Jahr im ehemaligen Heim genoss ich ganz bewusst alle letzten Male, um mich so zu verabschieden. Mit Dankbarkeit, ein bisschen Wehmut, aber auch mit Vorfreude auf das, was kommen würde.

Denn ja, obwohl ich mir sehr bewusst bin, was ich alles vermissen werde – und da gibt es doch einiges – freue ich mich auch sehr. Es gibt nämlich auch einiges, was ich nicht vermissen werde. Je länger, je mehr, um ehrlich zu sein, und ich bin nicht zuletzt dankbar dafür, in meinem Beruf auf goldene Zeiten zurückblicken zu können.
Im Moment zu leben – ich glaube, es gelingt mir immer besser.
Es muss mit dem Alter zu tun haben. Und das  – das hat ja nicht bloss Nachteile.

  • Jethro Tull kannte erwartungsgemäss niemand. Schön aber, als eine Schülerin am nächsten Tag kam und berichtete, ihr Vater, selber ein begeisterter Musiker, der verschieden Instrumente spielt, habe nur seinetwegen auch Querflöte gelernt.
    Dass Strawberry Fields von den Beatles ist, wussten mehr, als ich dachte. Was vermutlich an einer vergangenen Präsentation einer Schülerin liegt, die erklärter Fan ist. Angesehen haben wir uns aber dann nicht das passende psychedelische Video, sondern einen Ausschnitt aus dem legendären Rooftop Konzert, das mir immer wieder Gänsehaut verursacht.
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Vor- und Nachteile

Es ist ärgerlich. Zum zweiten Mal in Serie hab ich es geschafft, in den Ferien krank zu werden. Immerhin krieg ich diesmal …äh …sozusagen ein Diplom dafür, aber dennoch.

Ich weiss auch nicht genau, woran es liegt, dass Lehrpersonen immer in den Ferien krank werden. Vermutlich haben wir zu viele davon. Das sieht die Mehrheit jedenfalls so, aber ich habe echt keine Lust mehr, mich ständig zu rechtfertigen.

Besonders ärgerlich ist es, dass es meine letzten Herbstferien sind, die da grad versaut werden. Im nächsten Jahr hab’ ich nämlich keine mehr.
Vielleicht mache ich dann jeweils vor den Ferien ein kurzes Vikariat – es gibt ja Schulpersonal, welches nicht so gut ist beim Timing und schon zwei, drei Tage zu früh auf der Strecke bleibt.

Für mich hätte das dann den Vorteil, dass ich Teil des heiss ersehnten kollektiven Aufatmens wäre – Uff, endlich Ferien! – obwohl ich vermutlich ein bisschen faken müsste. Wäre aber sicher trotzdem ein schönes Gefühl. Nachteilig würde sich natürlich auswirken, dass auch die Kinder sehr auf diesen Moment warten und man das auch deutlich zu spüren bekommt. Sie sind dann noch etwas zappeliger als sonst. Wo ich das gerade so schreibe – vielleicht ist dies ja auch ein Grund, dass es die Lehrpersonen immer pünktlich zum Ferienbeginn nimmt. Actio und Reactio. Man kotzt sich noch so richtig aus vor der Pause. Im übertragenen Sinn. Damit man es nachher dann in Ruhe zu Hause tun kann.  

Nun ja, wer jetzt sagt, wenn sie noch schreiben kann, geht es ihr nicht allzu schlecht, hat nicht ganz unrecht. Obwohl meine Kollegin gestern meinte, nachdem sie diverse Sachen (Überraschung: Die Ferien sind nämlich gar nicht immer Ferien!) gegengelesen hatte, ich könne das wohl auch noch, wenn ich halb tot sei. Das stimmt wohl. Mir tut das Schreiben sogar gut. Weshalb ich nach langer Zeit mal wieder auf meiner Schaukel abhänge.

Abgesehen davon geht es mir zwar tatsächlich nicht gut, aber es ging mir auch schon schlechter. Anders als sonst werfe ich aber nicht üppig Medis ein und schlepp mich raus, um meinen Pflichten nachzugehen, sondern ich bleibe brav zu Hause. Weil: Das soll man ja.
Corona sei Dank.

Da war die Welt noch in Ordnung. Blick vom Hotelzimmer aus, das wir vorzeitig verlassen mussten.

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(W)Art Night

Wieder zu Hause. Wieder mehr oder weniger gesund. Und vor allem: schon wieder mitten im Wahnsinn des Alltags.

Da war die Art Night, zu der mich der Twenager gestern eingeladen hatte, eine willkommene Pause. Nachdem wir uns im Lokal nebenan gestärkt hatten, zogen wir erwartungsvoll zur vereinbarten Location, wo wir im Kreis Gleichgesinnter ein Bild zu malen gedachten. Dies unter fachkundiger Anleitung, aber dennoch in informellem Rahmen (sprich: mit einem Drink daneben malt es sich leichter). Da ich nach bald zehn Jahren immer noch recht einfach eingerichtet bin und es nie dazu gebracht habe, mir ein «richtiges» Bild an die Wand zu hängen, liebäugelte ich mit einem selbstgemachten. Kunstwerk.

Der Twenager, der schon mal einer solchen Art Night beigewohnt hatte und ziemlich begeistert war, freute sich sehr. Ich freute mich auch, denn meine künstlerischen Tätigkeiten finden sonst vornehmlich im Klassenzimmer statt, während der letzten beiden Stunden am Freitag, wenn die Kinderchen schon im roten Bereich drehen, und da gibt es keinen Drink, obwohl ich fast jedes Mal dringend einen nötig hätte.

Als wir zum Food Lab des «Bridge» kamen, standen wir vor verschlossener Türe. Komisch. An der benachbarten Theke wusste niemand etwas von der Art Night. Normalerweise würde die immer Mitte oder Ende Woche stattfinden. Ein Blick ins Handy bewies aber: Wir waren richtig. Ort, Datum und Zeit stimmten. Und bezahlt hatte der Twenager auch schon.
Mittlerweile hatten wir Gesellschaft von zwei weiteren Malwilligen bekommen. Auch sie guckten ratlos in ihr Handy.

An dieser Stelle mache ich ein bisschen Werbung für das «Bridge», das ich sowieso mag und wo ich in einem Jahr meinen künftigen Bestseller zu schreiben gedenke: Die Belegschaft, obwohl ja bloss Vermieter für den Event und nicht Veranstalter, warf sich richtig ins Zeug, überhäufte uns mit Mitgefühl, brachte Taschentücher und gefüllte Wassergläser und vor allem: telefonierte in der Gegend rum, während wir versuchten, die Veranstalter online zu tracken.

Am Ende die Erkenntnis: Das Startup muss just während der letzten paar Tage Konkurs gegangen sein, hat aber, was jetzt nicht die feine Art ist, die Kundschaft im Ungewissen gelassen und noch eingenommen, was einzunehmen war. Im Falle des Twenager  (er hatte einen 1 für 2 Gutschein eingelöst) nicht so viel wie bei einer anderen potenziellen Mitkünstlerin, die noch über fünf Gutscheine verfügt. Tja.
Weg ist weg – was will man machen.

Der Twenager und ich machten dann das Beste aus der Situation und dem schönen Sommerabend und liessen ihn in der Rimini Bar ausklingen.
Und das Bild, das haben wir uns versprochen, das malen wir ein andermal.
Ohne Anleitung.
Aber mit Drink.

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Zerstreuung

Nachdem ich nun schon den fünften Tag in den Seilen hänge und es aber nicht das böse Coronavirus ist, fand der Humus, jetzt müsse mal ein Doktor her. Um zu sehen, ob es vielleicht etwas mehr bräuchte als die üblichen Hausmittelchen.

Ich hatte bereits die Seite mit der schicken Praxis für Touristen gegoogelt, wo ich mich bei einem der gut aussehenden Ärzte hätte online anmelden können, aber der Humus war schneller gewesen. Er hatte einen Hausbesuch organisiert. Ich war ein bisschen enttäuscht, nicht nur der gut aussehenden Ärzte wegen, aber wie kann man gegen solch liebevolle Fürsorge aufbegehren? Also gab ich ihm zuhanden der Zentrale umgehend meine Pass- sowie meine Kreditkartennummer bekannt. Das Wichtige zuerst.

Die ärztliche Hilfe sollte in zwei bis drei Stunden kommen, doch siehe da, ich sass noch im Pyjama beim Kaffee, da klopfte es schon an der Tür. Aber gut – Ärzte sind ja nicht so zimperlich und so öffnete ich. Herein kam ein Paar – beide so gegen 80 Jahre alt. Das will aber nichts heissen; alte und erfahrene Ärzte stellen so manche junge in den Schatten.

Die Arbeitsteilung war so: Sie untersuchte mich und er machte die Schreibarbeit. Er hatte ziemlich zu tun.
Die Untersuchung begann damit, dass sie auf mich einzureden begann und ich natürlich nichts verstand. Wie immer wende ich mich dann an den Humus und weil ich ihm trotz aller Liebe nicht zutraue, eins zu eins zu übersetzen, was ich sagen will bzw. meine, wurde das Gespräch in vier Sprachen (die Ärztin mit uns: Hebräisch, die beiden untereinander: Russisch, der Humus und ich: Englisch und Deutsch) etwas hektisch. Schliesslich sagte sie etwas, was ich als «Könnten Sie jetzt bitte mal ruhig sein, damit ich untersuchen kann?!» interpretierte. Auch wenn der Humus abstreitet, so etwas gehört zu haben, machte das für mich Sinn und ich hielt die Klappe.

Frau Doktor zog zwei recht einfache, um nicht zu sagen antiquierte Geräte aus ihrer alten Handtasche. – Blutdruck und Sauerstoffgehalt waren gut – und dann noch einen Spachtel und eine Lampe, um in meinen Hals zu gucken. Die Lampe wollte erst nicht, aber am Schluss kriegte sie das noch hin und über den Spachtel denke ich lieber erst gar nicht nach. Dann sagte sie das, was ich erwartet hatte: Es ist ein Virus. Im Hals. Wie gut (dass erfahrene Ärzte das mit einem Blick von einer bakteriellen Entzündung unterscheiden können)!
Sie bestand dann nach dem Abhören mit einem Stethoskop, das sie wohl schon als junge Ärztin benutzt hatte, auch noch darauf, dass Fieber gemessen wurde – wir mussten das Thermometer aus dem Schrank holen, wo es zum Glück eins hatte – und obwohl ich das NIE getan hätte (man weiss ja nicht, wo die Dinger gesteckt haben, gerade in einem Haushalt mit drei Kleinkindern…) steckte sie es mir ungefragt in den Mund. Aber gut – wo ich ja sowieso ein Virus habe, spielt das wohl auch keine Rolle mehr.

Ich bekam dann noch ein Rezept für Medikamente, von denen ich nicht sicher bin, ob ich sie wirklich brauche, aber wie gesagt: Erfahrenen Ärztinnen darf man ruhig trauen. Ausserdem kosten die Pilllchen hier ein Bruchteil von dem, was wir zu Hause dafür hinblättern.

Der ganze Besuch dauerte etwa eine Viertelstunde und wird mich ein nettes Sümmchen kosten. Womöglich bekomme ich es aber von der Krankenkasse zurück (wenn da jemand hebräisch kann, eine Bescheinigung in Englisch gab’s leider nicht). Aber wenn schon – die Zerstreuung nach mehreren Tagen zu Hause war es allemal wert.
Wie schön, mal wieder unter Leute zu kommen!

Kein Corona – aber eine Erinnerung fürs Leben.

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Katze müsste man sein

Krank zu sein ist immer doof und in den Ferien erst recht. Einerseits. Andererseits ist das Kranksein nie so entspannt wie in den Ferien. Ich brauche mir keine Gedanken zu machen, wer für mich übernimmt, welche Anweisungen von Nöten sind und ob in der Schule alles läuft (ich bin ein schrecklicher Kontrollfreak).

Nein – ich kann mich gemächlich auf die faule Haut legen und mitten am Tag Netflix gucken. Und das alles ohne Stress und schlechtes Gewissen. Auf diese Weise macht es direkt ein bisschen Spass, krank zu sein. Obwohl ich mir natürlich auch vorstellen könnte, nette Leute zu treffen, oder den Sonnenuntergang am Strand zu sehen oder etwas Feines essen zu gehen. Das schon.

Immerhin habe ich ein Klasse Role Model punkto herumliegen. Die Land Lady unserer Bleibe macht es mir vor. Sie steht meist nur auf zwecks Nahrungsaufnahme oder -abgabe. Dazwischen spielt sie vielleicht mal eine Runde, aber zu anstrengend soll es nicht sein. Das liegt ihr nicht. Lieber liegt sie selber, und das überall. Wir haben nichts dagegen, denn sie ist allerliebst und wir werden uns nur sehr schwer von ihr trennen können.

Was ich auch an ihr bewundere ist ihr Gleichmut und ihre totale Entspanntheit. Das liegt aber womöglich daran, dass sie keine Nachrichten liest und sich deshalb auch keine Sorgen darüber machen muss, ob ihr demnächst ein paar Raketen um die Ohren fliegen.

Katze müsste man sein. Aber mit «wieder gesund» bin ich auch schon zufrieden. Alles andere liegt nicht in meiner Hand.

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Kulturelle Aneignung

Nun ist es auch in der Schweiz – genauer: in Bern – dazu gekommen. Ein Konzert wurde abgebrochen, weil sich «einige Anwesende» unwohl fühlten.  Das Unwohlsein hatte sie plötzlich oder auch allmählich befallen, als sie der Dreadlocks der Musiker gewahr wurden und es war nicht dem Umstand zuzuschreiben, dass sie die Haarpracht unhygienisch fanden, sondern fehl am Platz. Weil sie sie sich auf dem Kopf waschechter Schweizer befand.
Das geht natürlich gar nicht (mehr).
Komisch, dass die Veranstalter da nicht schon vorher abgewinkt oder zumindest eine Triggerwarnung rausgegeben haben und das arme Publikum (und die Musiker!) einfach so in den Hammer hatten laufen lassen.
Die Erkenntnis, dass man sich mit sowas aufs Kunsteis begibt, kam wohl etwas spät und die, dass wir gerade dabei sind, das letzte bisschen Verstand zu verlieren, gar nicht.

So weit so gut. Ich amüsierte mich ein bisschen beim Lesen des Artikels und der empörten Kommentare, dachte einmal mehr, es steht irgendwie alles Kopf, die von links schreien nach Verboten und die von rechts nach Toleranz, wo es früher doch mal anders war, wie und wann konnte das passieren, und plötzlich aber lief es mir kalt den Rücken hinunter.
Mit einem Mal wurde mir nämlich klar, dass ich mich in jüngster Zeit schon mehrmals des unverzeihlichen Vergehens kultureller Aneignung schuldig gemacht hatte. Schuld ist zwar der Humus, der mich immer so lange bearbeitet, bis ich zähneknirschend nachgebe, und mit ihm ein Duett zum Besten gebe, um wieder für ein paar Wochen meine Ruhe zu haben, aber mitgegangen ist mitgehangen. Ausserdem darf er das und ich nicht. Wo ich nicht mal so richtig verstehe, was ich genau singe.

Na ja, beim letzten Mal handelte es sich um ein Liebeslied (ich kann es leider nicht hochladen, sonst müsste ich zuerst upgraden und wo wir doch grad beim ultimativen und generellen Downgrade sind…) . Eigentlich sollte es, finde ich, erlaubt sein, von der Liebe zu singen, egal in welcher Sprache, wo doch nichts anderes die Welt mehr retten kann. Aber vielleicht gilt das auch nicht mehr und nur noch die Franzosen dürfen lieben und wir Schweizer nur noch Käse machen.

Schade eigentlich…

Leider nicht das Audio von „Tachat etz ha’ahava“ (Unter dem Baum der Liebe), dafür ein Schnappschuss von gestern unter dem Motto „Auch ein Rücken kann entzücken“.

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Klein, kleiner, munzig

Diesmal teilt sich unser Aufenthalt in zwei entscheidende Phasen. Erstmal sind wir für ein paar Tage im Hotel, und zwar im angesagtesten Quartier der Stadt, wo wir das Durchschnittsalter in die Höhe drücken.  
In Kürze werden wir von Touristen zu Housesittern mit der Priorität, das Überleben der ansässigen Katze zu sichern. Da werden wir es dann sehr ruhig haben und fanden, ein kleiner Szenenwechsel könne nicht schaden. Schliesslich wird einem empfohlen, auch im Alter flexibel zu bleiben.

Flexibilität war jedenfalls gefragt beim Bezug unserer aktuellen Bleibe. Unser Adlerhorst befindet sich zuoberst in einem kleinen Hotel und ist über eine schmale Treppe zu erreichen. Es ist das einzige Zimmer dieser Art und mit meinem Sperberauge hatte ich auf den ersten Blick erkannt – unseres.
Also jedenfalls meines!
Das Zimmer verfügt über eine äusserst grosszügige Dachterrasse (etwa achtmal so gross wie mein zugegeben kleiner Balkon zu Hause), was für hiesige Verhältnisse, wo Balkone selten und eher eine neumodische Erscheinung sind, umso ungewöhnlicher ist. Dieses luxuriöse Attribut hat natürlich seinen Preis.
Nicht bloss finanziell.
Da der Platz in diesem Land nun mal beschränkt ist, geht das auf Kosten des Zimmers. Es ist etwa ein Drittel so gross ist wie die Terrasse. Stauraum ist Mangelware und es bedurfte einer logistischen Glanzleistung meinerseits, unsere Habe einigermassen sinnvoll zu verstauen (so dass wir auch Zugriff darauf haben).
Mir war von Anbeginn klar, dass die Wahl Irrsinn ist in einem Land, wo sich – zumindest zu dieser Zeit des Jahres – tagsüber nur ins Freie begibt, wer unbedingt muss, aber ich konnte einfach nicht anders. Dem Humus war’s egal, und da ich ihm zwecks Wiedergutmachung 60 der 80 Quadratzentimeter Ablagefläche abgetreten habe, ist er es zufrieden.

Und jetzt geniessen wir die Aussicht auf die Stadt, ihr Lichtermeer und immerwährendes Gemurmel (das Hotel liegt zwar zentral, aber in einer ruhigen Nebengasse): in der Nacht, am frühen Morgen und manchmal auch, so wie jetzt, am frühen Abend, wenn der Schatten die Hitze erträglich werden lässt.

Am Tag ist die Terrasse tabu, selbst für Freiluftfans wie mich ist es dann viel zu heiss. Aber was soll’s: Im Moment spielt sich das öffentliche Leben hier sowieso bevorzugt dann ab, wenn die Temperaturen – zwar nicht, wie daheim, unter 20, aber immerhin – unter 30 Grad fallen.
Dann stürzen wir uns ins pulsierende Leben, um anschliessend in unsere private kleine Oase über den Dächern zurückzukehren.
Ja, es ist winzig, unser Zimmer. Aber ich würde es gegen kein anderes tauschen wollen.

nicht die Aussicht aus unserem Zimmer…sondern der nächtliche Blick auf Jaffa

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Geschafft!

Fast so aufgeregt war ich wie beim ersten Mal. Und das ist nun wirklich sehr lange her.

Ein Teenager war ich und es war das Abenteuer meines (bisherigen) Lebens, als ich mit meiner Familie ein Flugzeug bestieg, das mich ans Meer brachte. Ich war nicht speziell unterprivilegiert – während die heutigen Kinder Gefahr laufen, schon in einem Flugzeug (oder am Gate) geboren zu werden, hatten nur wenige meiner Altersgenossen eine einschlägige Erfahrung dieser Art hinter sich – aber die neuste Tendenz, alles von heutiger Warte aus zu taxieren, weckt in mir dennoch ein leises Gefühl von Diskriminierung.

Immerhin – die fehlende Flugerfahrung machte ich später wieder wett. Bis vor zweieinhalb Jahren, als mein massloses Kompensationsverhalten ein abruptes Ende fand. Das übrigens nicht Greta geschuldet war (was ist eigentlich aus ihr geworden?) sondern dem Umstand, dass es keinen Grund mehr gab, mich in ein Flugzeug zu setzen. Zum einzigen Ziel meiner Flugwünsche war zu diesem Zeitpunkt  bereits Israel geworden (weil man da nun mal nicht so einfach per Anhalter hinkann, das wäre womöglich unbekömmlich) und ich aber aus anderem Grund nicht mehr hinkonnte.
Verdammtes Virus.

Nun also wieder das volle Programm. Ein bisschen mehr sogar noch, denn mittlerweile ist auch die Fliegerei hart an der Grenze des Unbekömmlichen. Wir hatten aber Glück. Alles lief glatt, sieht man vom «Balagan» im Flugzeug ab, das zu 90 Prozent von orthodoxen Heimkehrern belegt war, die aus einem unerfindlichen Grund dem Hörnlisalat der Swiss gegenüber dem Humus auf einem ElAl Flug den den Vorzug gegeben hatten. Obwohl – vielleicht war in deren Koscher Menu auch was Besseres drin.

Nun bin ich endlich wieder im gelobten Land, wo ich Hummus essen kann, soviel ich will. Schön ist das.
Die Sonnenuntergänge sind immer noch dieselben. Und am Meer – da sind sie eben besonders schön.

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Darf man?

Karfreitag, ein Tag der Kontemplation.
Zeit, mich auf die Schaukel zu setzten, bringe ich doch durchs Schreiben oft etwas Ordnung in meine Gedanken. Diese befinden sich selbst auf einer Schaukel, und da bin ich bestimmt nicht die Einzige – scheint doch grad alles wieder mal hopszugehen auf der Welt.

Was so natürlich nicht stimmt. Es passieren ständig schlimme Dinge auf unserem Planeten, nur kriegen wir sie häufig nicht mit, weil sie uns nicht interessieren. Weil sie weit weg sind. Weil sie nicht uns geschehen. Weil wir damit nichts zu tun haben.

Und jetzt ist plötzlich das böse Wort «Krieg» überall, weil er direkt vor unserer Haustüre stattfindet und weil immer mehr Flüchtlinge in unser Land kommen. Das Paradoxe  daran: Sie sehen nicht aus, als wären sie welche, überhaupt nicht. Sie wollen so gar nicht zu dem Bild passen, das wir bisher von ihnen hatten. Das uns von ihnen unterscheidet. Aufgrund dessen wir uns in unserem gemütlichen Gärtchen in Sicherheit wägen konnten. Unser ganzes Weltbild wurde während der letzten Wochen auf den Kopf gestellt, nicht nur durch die auf uns einhämmernden Schreckensnachrichten, sondern auch durch diese untypischen Flüchtlinge, wo man sich plötzlich bang fragen muss: Und wenn das jetzt mir passieren würde?

Was, bitte schön, spricht eigentlich dagegen?
Tja, da habe ich wohl das Recht, mich auf die Schaukel zu setzen, auch wenn Karfreitag ist und man sich da eher ruhig zu verhalten hätte.

Was mich aber wirklich beschäftigt, während ich so ein bisschen vor mich hinschaukle, ist nicht, warum die Welt so abgrundtief schlecht ist, sondern, warum es mir immer noch so gut geht. Mental, meine ich. Eigentlich müsste ich mich Zähne klappernd verkriechen, statt das Leben zu geniessen. Und doch: Wie herrlich ist das Leben gerade jetzt, wo wieder alles blüht, man sich wieder mit Freunden treffen kann, man im Restaurant draussen sitzen und bei einem feinen Essen das Bad in der Menge geniessen kann.
Darf ich das? Lachen, scherzen, singen, tanzen, geniessen, träumen, im Überfluss schwelgen, während andere gerade vor den Trümmern ihrer Existenz stehen und nicht wissen, wie IHR Leben weitergehen soll? Müsste ich nicht vor lauter Mitleid am Boden sein, statt einen frühlingshaften Höhenflug zu machen?

Ich finde: Ich darf. Mich des Lebens erfreuen, meine ich. Einerseits hilft es niemandem, wenn ich mich in einen Trauerkloss verwandle. Andererseits habe ich umso mehr die Verpflichtung, für mein Klasse Leben (das ich mir durch nichts verdient habe, sondern einfach grosses Schwein hatte, hier und in die Nachkriegszeit geboren worden zu sein, die wohl bestmögliche, wie ich in letzter Zeit oft denke) dankbar zu sein. Sehr, sehr dankbar zu sein. Es zu feiern. Solange das eben geht. Jeden einzelnen Tag.

Gut, habe ich das für mich klären können. Es geht doch nichts über ein bisschen zielloses Schaukeln.

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Speedliving?

Der Artikel bringt mich zum Nachdenken. Es geht darum, dass sich heute viele Inhalte online in einem schnelleren Tempo abspielen lassen, was offenbar auch rege genutzt wird. Man kann sich so seine Lieblingsserie in kürzerer Zeit anschauen, die Musik schneller hören, Nachrichten turbomässig abspulen, kurz – man kann Zeit sparen.
Das kommen mir sofort die garstigen grauen Männer aus «Momo» in den Sinn. Wie waren wir uns doch einig, dass Zeitsparerei Blödsinn ist und wir vielmehr das Leben geniessen sollten!
Und heute?
Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich nichts dagegen hätte, wenn mein Gegenüber bei seinen ausführlichen Erklärungen einen Zacken zulegen würde, weil ich es für mich schon auf den Punkt gebracht habe. Oder dass ich mich umgekehrt bei einer Teamkollegin entschuldige, weil …«In meinem Alter dauert das eben bisschen länger…» Oder noch schlimmer: Ich höre eine whatsapp Nachricht von mir und raufe mir die Haare, weil ich mich mehrmals wiederholt und so unnötige Sprachminuten angehäuft habe. Was für eine Zumutung für die Adressatin, schäme ich mich.

Diesbezüglich kann ich mich entspannen. Mein auditives Gegenüber kann meine Infos schneller laufen lassen. Zumal es – laut der Forschung – fürs Hirn sogar bekömmlich ist. Ein bisschen Stress schadet nichts; dieses Prinzip kennen wir ja schon.

Trotzdem behagt mir die Möglichkeit der Beschleunigung nicht und ich stelle mir vor, ich könnte und würde die Funktion in meinem realen Leben anwenden. Wenn es langweilig und mühsam ist, wähle ich das Tempo 1.5 bis 2 und wenn der Spassfaktor hoch ist, verlangsame ich (Achtung an allfällige SuS, die hier mitlesen – das ist dann ein UMGEKEHRTER Dreisatz!).

Wir hätten so die ganze Sch…pandemie schneller durchspulen lassen können und auch mein eigener kleiner Mini Lockdown während der letzten drei Wochen wäre im Nu vorbei gewesen.

Nur. Was hätte das letztlich gebracht? Hätten wir denn die Zeit danach bewusster genutzt und genossen? Oder ist es eher so, dass es die zeitweilige Verlangsamung braucht, um wieder in die Gänge zu kommen? Und – würden die Highlights in unserem Alltag so glänzen, könnten wir sie künstlich verlängern?
Ich finde diese Frage für mich nicht einfach zu beantworten und kaue noch daran herum.

Vielleicht gucke ich die Serien auf Netflix fortan mit Faktor 2. Speedwatching. Nicht unbedingt, weil ich dann zwei in derselben Zeit gebacken kriege, sondern um mein Hirn zu trainieren und mir dereinst vielleicht über die wirklich grossen Fragen des Lebens klar zu werden. Oder auch nicht.

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Ertappt

Während das Internet oft zum nervigen Zeitfresser wird, ist es derzeit meine Rettung. Hat man viel Zeit, dann spielt es keine Rolle, wie viel man vernichtet. Und ab und zu findet man zwischen all dem Zeugs ja auch die eine oder andere Perle.

Momentan bin ich auf dem Talk-Trip und schaue bzw. höre mir unzählige Gespräche mit ganz verschiedenen Menschen an. Das ist sehr lehrreich. Es kann zwar ein bisschen ans Selbstbewusstsein gehen; wieso sind andere so talentiert, während ich für alles ein YouTube Tutorial brauche?! Es ist inspirierend, lustig, berührend, auch mal irritierend aber eigentlich nie langweilig. Und wenn doch – zack – bin ich ganz schnell draussen und nicht mal jemandem auf die Zehe getreten, denn die anderen sehen mich ja nicht.

Obwohl – manchmal fühlt man sich ertappt.

So wie gestern, als das Multitalent im Gespräch mit dem Moderator dessen Frage, ob es eigentlich IRGEND ETWAS gäbe, wofür es sich nicht interessieren würde, zur Antwort gab, es brenne schon nicht für alles und könne sich beispielsweise nicht vorstellen, jemals häkeln zu lernen.

Autsch.

Aufgrund meiner beschränkten Möglichkeiten hatte ich tags zuvor mein Nähkästchen durchwühlt und dort wie vermutet einen Rest grünen Garns sowie eine Häkelnadel gefunden. Beides war bisher nur zweckentfremdet benutzt worden, aber in Notsituationen wird man erfinderisch und ein entsprechendes Tutorial dazu gibt es natürlich. Ausserdem hört es sich sehr gut zu, wenn die Finger beschäftigt sind.

Und darauf hänge ich jetzt meine …äh …Spitzenblusen.

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Nachhaltige Belohnung

Als der Twenager kommt, packt er erstmal aus. Aus seiner Wundertüte holte er: drei Frauenzeitschriften, ein Buch (samt Entschuldigung, der zerfledderte Zustand sei darauf zurückzuführen, dass er es am Strand gelesen hätte) und eine Packung Schokolade.

Fast schöner als Weihnachten ist das, denn die Mitbringsel haben symbolischen Charakter.

  • 1. liest der Twenager gerne. Hurrah!
  • 2. ist der Twenager aufmerksam. Es hat sich gemerkt, welches meine Lieblingsschokolade ist. Wie lieb von ihm.
  • 3. hat der Twenager gute Erinnerungen an früher. Uff. (Die anderen hat er verdrängt).

Frauenzeitschriften habe ich mir schon länger keine mehr gekauft. Auf meinen erstaunten Blick folgt sogleich die Erklärung: «Weisst du nicht mehr? Immer, wenn ich krank war, hast du mir «Heftli» gekauft. Das war immer schön.»

Ich finde es auch schön. Selbst, wenn ich gar nicht krank bin, sondern der Situation geschuldet daheim parkiert, mit hochgelagertem Fuss.

Am schönsten aber finde ich es, ein solch fürsorgliches Kind zu haben. Also – nicht irgendeins, sondern den Twenager. Da hat sich der ganze …äh … Aufwand doch mehr als gelohnt.  

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Kein aparter Bericht

Nun soll Israel also ein Apartheid Staat sein. Ich darf mich wundern.
Es gibt nichts, was ich dazu schreiben könnte, was nicht schon geschrieben worden wäre, drum werfe ich hier bloss ein paar spontane und unzusammenhängende Gedanken in die Runde.

Wo würde ich in der ganzen Region des Nahen Ostens, hätte ich arabische Wurzeln, am liebsten wohnen, könnte ich auswählen?

In welchem Land kann ich – im Gegensatz zu den umliegenden – auf ein einigermassen greifendes Rechtssystem zählen?

Wieso wird der äusserst komplexe Nahostkonflikt immer auf das scheinbar unadäquate Verhalten des Staates Israel reduziert?

War die Schweiz zu Zeiten meiner Kindheitstage auch ein Apartheid Staat? Ich kann mich gut daran erinnern, wie Menschen italienischer Herkunft behandelt, betitelt und oft auch gemieden wurden. Menschen, die als hilfreiche und bitter nötige Arbeitskräfte ins Land geholt worden waren und sich tadellos benahmen. Sie hatten aber gesellschaftlich nichts zu melden und verfügten über keinerlei politische Rechte. Man stelle sich vor!

Wie sieht es in so vielen anderen Ländern aus punkto Gleichbehandlung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen?

Wie muss man sich als ehemaliges Opfer des Apartheidstaates fühlen, wenn der Begriff jetzt in einem völlig anderen Zusammenhang gebraucht wird?

Wieso wird Israel ständig mit anderen Ellen gemessen als andere Länder. Ist der Staat Israel der übrigen Welt etwas schuldig? Oder … hätte die Welt das gerne?

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Von armen Menschen

Es ziept empfindlich, trotz der Schmerzkiller.
Immerhin beginne ich bereits die Tatsache zu geniessen, dass ich für die nächste Zeit mal an gar nichts denken muss, ausser meinen Fuss brav hochzulagern. Nada. Ein mentaler Reset sozusagen.
Im Spital fragte mich die fürsorgliche Pflegefachfrau noch, ob ich jemanden zum Herumkommandieren hätte. Und ja – hab ich. Macht sogar ein bisschen Spass, wie ich gestehen muss.

Überhaupt könnte man so eine Operation beinahe einem Wellness Treatment gleichsetzen, wenn man davon absieht, dass ich für meine Verhältnisse unmenschlich früh aufstehen musste. Das liegt nicht daran, dass alle wahnsinnig nett mit einem sind, was sonst ja nun nicht immer der Fall ist. Nein, ich vermute, sie mischen ins Narkosemittel auch noch etwas in der Art von Ecstasy. Ein bisschen irritierend ist es zwar, dass einem ein Stück Lebenszeit abhandenkommt – es ist, als wäre dieses Stück nie gewesen – aber taucht man nach einem gefühlten Wimpernschlag wieder auf, so kümmert einem das nicht. Alles ist warm. Alles ist weich. Alles ist gut. Alles ist liebevoll. Alles.

Das war auch gut so, sonst hätte ich mich womöglich über den Geschäftsmann in der Nachbarkoje aufgeregt, der sein Büro in Form seines Handys kurzerhand mit in die ambulante Tagesklinik genommen hatte. So, dass es die ganze Abteilung auch wirklich mitbekam, diskutierte er mit wechselnden Gesprächspartnern (alle auf Lautsprecher gestellt) über irgendwelche Powerpointpräsentationen – was auf welche Folie muss und wie viele es sein müssen und ob man nicht doch … – und zwar pausenlos. Lange Zeit. Wo ich mich doch einfach zu gerne diesem süssen, dösigen Afternarkoseschlummer hingegeben hätte. Ging aber nicht.

Aber eben. Sie mischen einem da was rein und man ist richtig gut drauf. Drum schrie ich auch nicht F…y.. nach drüben, sondern lächelte nur milde und ein wenig bedauernd in mich hinein und dachte mit mehr Nächstenliebe, als in dieser Situation angebracht gewesen wäre: Was für ein armer Mensch muss man sein, wenn man sich nicht mal für eine Operation eine kurze Pause gönnen kann.

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Das Grossmünster Zürich in wechselndem Kleid – Happy New Year

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Aufgeschreckt

Ferien sind wenn ich, anstatt die geplante Arbeit zu erledigen, noch im Pyjama meinen Laptop anwerfe um zu schreiben. Um meine Gedanken in eine Form zu bringen – noch keine Ahnung in welche – weil ich gerade etwas gelesen habe, das einen Nerv getroffen hat.
Es ist das Interview mit der Geschlechtsforscherin Franziska Schutzbach, das mich aufgeschreckt und in einen – obwohl das jetzt paradox ist – angenehmen, weil eben nur in den Ferien so richtig möglichen, Alertmodus versetzt hat.

Das Genderthema.
Ich muss gestehen, dass mir deswegen ab und zu ein heimlicher Seufzer entwischt und ich in meiner Haltung ambivalent bin. Und das, obwohl ich doch zu 100 Prozent mitgekriegt habe, wie sehr das hiesige Frauenstimmrecht selbst 1971 noch auf der Kippe stand. Obwohl ich aus meinem Alltag weiss, wie oft sich Mädchen unterschätzen (und Jungs zum Gegenteil tendieren). Vielleicht sind es all die Sachen drum herum, die mich etwas nerven. Gendersternchen, Doppelpunkt oder doch lieber Schrägstrich versus umständliche Doppel- oder Mehrfachformulierungen?   

Aber.
Das Interview hat bei mir deshalb einen Nerv getroffen, weil es mal nicht primär um Berufs- und Karrierechancen von Frauen geht, sondern um alles, was im Hintergrund steht, nämlich um die Zuständigkeit für die Sorgearbeit in einer Gesellschaft. Die sehr erschöpfend sein kann. Und die nach wie vor zum grössten Teil uns Frauen obliegt.

Ich kann da aus eigener Erfahrung sprechen. Es gab ein Jahr, wo es mir ziemlich schlecht ging, wo ich permanent am Rande der Erschöpfung stand. Das war das Jahr, bevor ich meinen Mann verliess und nochmals neu begann. Der Vorsatz war klar ausgesprochen und zwischen Verabschiedungsritualen (das letzte Mal diesen Baum blühen sehen…) und Wohnungssuche versuchte ich noch ein paar letzte Monate, die perfekte Familienfrau zu sein.
Das sah in der Praxis dann so aus, dass ich im Auto, auf dem Weg zur oder von der Schule meinen Gefühlen freien Lauf liess, um sonst die Starke zu markieren. Am Arbeitsort eine befriedigende Leistung abliefern (der einfachere Teil). Auf dem Heimweg bei meiner Mutter im Pflegeheim vorbeigehen, um sie etwas aufzuheitern und auf dem Weg durch den Korridor noch hier und da ein Lächeln und ein gutes Wort zu verschenken. Sämtliche Hausarbeiten erledigen. Vermutlich aufgrund eines unrationellen schlechten Gewissens wollte ich bis zum letzten Tag alles perfekt machen, damit die unterschwelligen Spannungen nicht Oberhand gewinnen konnten. Die Stimmung zu Hause trotz der heiklen Situation im grünen Bereich halten. Mein Bestes geben, damit es dem Teenager gut ging und er nicht unter meiner Entscheidung leiden musste.

Dieser Exkurs dient nicht dazu, mich als Alltagsheldin darzustellen.
Er soll deutlich machen, dass die meisten Frauen es sind. Nach wie vor sind sie es, die – oft neben ihrem Job, der heute glücklicherweise Standard ist – den Alltag organisieren: An alle Geburtstage denken, Einladungen organisieren, sämtliche Termine der Familie koordinieren, Eltern und Grosseltern betreuen, Kinder trösten und besänftigen, mit der Katze zur Tierärztin gehen, ein offenes Ohr für Leute haben, denen es gerade dreckig geht, die Kinder zu ihren Freizeitaktivitäten begleiten, sich schöne Ferienorte ausdenken und dann alles ein- und wieder auspacken und – nicht zu vergessen – dabei immer noch entspannt, glücklich und hübsch aussehen. Das ganz besonders.
Es sind gute Voraussetzungen für ein Burnout.

Man stelle sich nur vor, wenn die Frauen einfach mal die Hände in die Hosentaschen stecken würden und die ganzen unbezahlten und ungewürdigten Arbeitsstunden, die sie leisten, nicht machen würden. Sich mal bloss auf ihre Karriere konzentrieren würden. Das «Heute stehen den Frauen doch alle Türen offen» ganz wörtlich nehmen und durch die nächste hinaus spazieren würden.
Wie würde dann unserer Gesellschaft aussehen?

Dieser Artikel hat mich aufgerüttelt. Ich werde mit dem Twenager darüber sprechen. Er ist mein Kind und hat womöglich ein paar ungünstige Haltungen verinnerlicht.
Und in Zukunft werde ich etwas weniger seufzen, wenn es um Gleichstellung geht. Noch sind wir nicht am Ziel.

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Ich bin entspannt

Normalerweise bin ich in einem Zustand der äussersten Gespanntheit, immer in Startposition für alle möglichen und unmöglichen Ereignisse. Um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein, bedarf es, jedenfalls wenn man in meiner Haut steckt, einer sorgfältigen mentalen Vorbereitung. Zusammen mit meinem Hang zu einem gewissen Überaktionismus kostet mich das deutlich mehr Energie, als mich die Bewältigung der im Leben doch immer überraschenden Ereignisse in unvorbereitetem, dafür aber gelassenem Zustand kosten würden.
Die Rechnung ist einfach, das Ergebnis, welches nicht zu meinen Gunsten ausfällt, eindeutig und obwohl mir das so klar ist wie ein Bergsee im Frühsommer – ich bin meist sehr unentspannt.

Die Ferien haben mir gutgetan. In Ruhe die nötigen Arbeiten erledigen, vor allem aber auch: abschalten. Das geht am besten woanders und die Suche nach dem verlorenen Sommer war in unserem Falle erfolgreich und wohltuend.

Jetzt bin ich entspannt.

Nach drei Jahren gehöre ich an meiner Schule schon zu den Alteingesessenen. (Ganz zu schweigen davon, dass mir mit Schrecken klargeworden ist: Ich bin von jetzt an die Älteste!! Wie konnte es DAZU kommen??) Der Klassenzug ist nach einem Jahr auf Kurs. Nun können wir auf der Arbeit des vergangenen Jahres aufbauen. Ich habe anfangs Ferien schon einiges vorbereitet und kann den gemeinsamen Team Tagen nächste Woche gelassen entgegenschauen. Mein Schulmailprogramm habe ich seit zwei Wochen nicht geöffnet – ein neuer Rekord.

Kaum wieder zu Hause beginnt aber auch schon wieder das Gedanken Karussell. Wie geht es nach den Ferien weiter? Gibt es neue Massnahmen oder werden wir irgendwann wieder normal unterrichten können? Was wird mit unserer immer kleiner werdenden Klasse passieren? Wie können wir diejenigen Kinder, die sich schwer tun, besser unterstützen? Wie allen gerecht werden?

Noch bin ich entspannt.

Was wäre, wenn ich in diesem Zustand verharren würde? Wenn ich endlich einsehen würde, dass ich einen recht guten Job mache, niemandem mehr etwas beweisen muss und mir die Freiheit herausnehmen darf, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren? Auf die schönen Seiten meines Berufs? Lernen würde, die lästigen Seiten vermehrt zu ignorieren?

Dafür ist es nie zu spät. Aber viel Zeit habe ich nicht mehr. Ich bin nämlich im Endanflug, da dies voraussichtlich mein letzter Klassenzug sein wird.

Der Endanflug, nun im fliegerischen Sinn, kann sehr schön sein. Hat man sein Ziel erreicht und ist auf sicherer Höhe, dann kann man es so richtig geniessen. Die Luft ist ruhig, die Aussicht wunderschön und man hat Zeit, sich alles etwas genauer anzusehen. Sanftes Abgleiten ist angesagt.  Ein bisschen aufpassen muss man natürlich schon, denn gerade wenn der Stress nachlässt, läuft man auch Gefahr, Fehler zu machen. Ist man sich dessen aber bewusst, dann findet man im besten Fall zu diesem Zustand wonniger Erhabenheit, den ein Endanflug in den Abendhimmel mit sich bringt.

Mein Mantra für kommende Stresssituationen wird deshalb sein: Entspann dich – du bist im Endanflug.

Bin mal gespannt, ob mir das gelingt!

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Das Schweigen der Leute

Zum Konflikt selber im Nahen Osten möchte ich hier nichts schreiben, davon handelt der letzte Post und meine eigene Meinung habe ich schon mehrmals kundgetan.

Sagen tue ich allerdings ab und zu etwas und dann gibt es für gewöhnlich zwei mögliche Reaktionen. Die bessere besteht in betretenem Schweigen.

Geschwiegen wird mehrheitlich auch angesichts der zunehmenden Fälle von steigendem Antisemitismus und das wiederum veranlasst mich, es hier nicht zu tun.

Egal, wie man zu den jüngsten Ereignissen steht – auch in Israel selber gehen die Meinungen weit auseinander – es ist völlig unverständlich, wenn in verschiedenen Städten der Welt wieder Angriffe auf jüdische Institutionen und jüdische Menschen stattfinden. Wenn Leute zusammengeschlagen werden, weil sie eine Kippa tragen. Wenn in London anlässlich einer Anti Israel Demo Fahrzeuge mit Lautsprechern zirkulieren, aus denen dröhnt «Kill the jews – rape their daughters!» (für nicht englisch Sprechende: Tötet die Juden und vergewaltigt ihre Töchter).

Das hat weder etwas mit Politik noch mit der zugegeben komplizierten Situation im Nahen Osten zu tun. Das ist ein altes und immer wieder, bei jeder Gelegenheit, aufflackerndes Übel namens Antisemitismus.

Schweigen wir dazu?

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Zurück zur Normalität?

Die Nachrichten aus Israel sind erschreckend. Ein bitterer Witz zirkuliert im Netz: Auf der ganzen Welt kämpft man noch gegen Corona, nur in Israel ist wieder alles beim Alten.

Klar, wenn man in Israel lebt, dann ist ein Raketenhagel nichts Neues. Gewöhnen kann man sich trotzdem nicht daran – zu unheimlich ist es, wenn plötzlich die Sirenen losgehen und man Deckung suchen muss. Im besten Fall hat man einen Schutzraum, aber vielleicht verbringt man auch viele Stunden im Treppenhaus, wohin man immer wieder flüchten muss (das letzte Mal vor etwas mehr als einer Stunde). Für junge Eltern – um nur ein Beispiel zu nennen – mit einem zwei Monate alten Baby (des Humus‘ jüngstes Enkelkind) kein Zuckerschlecken. Ganz abgesehen davon ist der Schrecken ungleich grösser, da die Bedrohung derzeit von zwei Fronten droht.

Der folgende Artikel von Yossi Krichely beschreibt die Hintergründe sehr gut. Er ist ein Facebook Freund der Autorin von „Blick aus dem Fenster“ und sie hat den Text online ins Deutsche übersetzt.

Wer hinter die (oft etwas einseitigen) Schlagzeilen schauen und mehr erfahren möchte, sollte diesen Artikel lesen. Es würde mich ausserordentlich freuen, wenn es einige tun.

Artikel von Yossi Krichely

Liebe Freunde, es ist kein Geheimnis, dass die letzten Tage in Israel schrecklich sind. Ich bin sicher, Sie haben davon in den Nachrichten auf CNN oder anderen Medien gehört, lokal und global. Aus früherer Erfahrung weiß ich, dass diese Berichte dazu neigen, voreingenommen und etwas kritisch gegenüber Israel zu sein und die Rolle der Hamas herunterzuspielen, indem sie die Palästinenser als Opfer des israelischen Aggressors darstellen.

Bitte nehmen Sie sich ein paar Augenblicke Zeit, um es aus unserer Perspektive zu lesen.

Die Spannungen begannen vor ein paar Wochen, zu Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan, zu steigen. Der Ramadan ist ein einmonatiges Fest, in dem die Muslime tagsüber fasten und nachts Feste feiern. Jedes Jahr ist dies eine sensible Zeit, und manchmal neigen die Feierlichkeiten dazu, gewalttätig zu werden.

Dieses Jahr kamen mehrere unglückliche Faktoren zusammen und lösten die Gewalt aus, die wir jetzt sehen.

1. Tiktok-Videos, die arabische Jugendliche zeigten, die Juden schlugen und demütigten, gingen viral. Besonders eines, das zwei orthodoxe Juden zeigt, die im Zug sitzen und sich unterhalten, als plötzlich ein arabischer Jugendlicher einen von ihnen heftig ins Gesicht schlägt. Dieses Video ging in den arabischen sozialen Medien viral und bald erstellten viele Nachahmer ähnliche Tiktok-Clips, in denen sie Juden verprügeln. Die Spannungen begannen zu steigen.

2. Die Palästinensische Autonomiebehörde sagte die Parlamentswahlen ab (die letzte war vor 15 Jahren), weil sie Angst hatte, dass die Hamas die Wahlen gewinnen würde. Die PA schob die Schuld auf Israel, aus irgendeinem erfundenen Grund. Die Hamas wurde frustriert und schob die Schuld auch auf Israel.

3. Der israelische Oberste Gerichtshof, der sehr fortschrittlich ist (manche sagen, der fortschrittlichste in der Welt) und in den meisten Fällen zugunsten der Palästinenser und anderer Minderheiten entscheidet, entschied überraschend zugunsten jüdischer Ansprüche auf Eigentum in einem Viertel namens Sheikh Jarrah und verlangte von den Arabern, die jetzt in diesen Häusern leben, dass sie diese entweder räumen oder von den rechtmäßigen Eigentümern mieten. Die Spannungen stiegen noch weiter an.

4. Seit 1968 feiert Israel den „Jerusalem-Tag“, und während dieses Festes ziehen Tausende von Juden mit Fahnen durch die Stadt und tanzen. Die Route führt auch durch die Altstadt. Dieses Jahr kollidierte das Datum mit dem Ramadan, und aufgrund von Drohungen der Araber wurde die Route durch die Altstadt abgesagt.

5. Von Zeit zu Zeit behaupten die Palästinensische Autonomiebehörde und die Muslimbruderschaft innerhalb Israels (1,2 Millionen muslimische Araber leben in Israel selbst), dass Israel Pläne zur Zerstörung der Al-Aqsa-Moschee (die sich auf dem Tempelberg befindet) hat. Solche Behauptungen tauchten vor dem Jerusalem-Tag wieder auf, Palästinenser sammelten Felsen und Steine in der Moschee und begannen zu randalieren, als die Polizei kam, um den Aufruhr zu unterdrücken, wurden sie mit diesen Steinen beschossen.

Alles, was jetzt noch fehlte, war das Streichholz, um den Funken zu entzünden.

Und die Hamas lieferte das Streichholz.

Am 10. Mai verkündete die Hamas ein Ultimatum an Israel, dass sie Raketen auf Israel abfeuern würden, wenn es die Entscheidung über Sheikh Jarrah nicht aufhebt und die Polizei den Tempelberg bis 18 Uhr verlässt.

Und das taten sie.

300 Raketen wurden in sehr kurzer Zeit abgefeuert. Obwohl Israel das Luftabwehrsystem Iron Dome besitzt, das Abfangraketen auf die Raketen schießt, beträgt die Effektivität nur 95%. Einige Raketen gehen durch.

In den letzten 3 Tagen wurden fast 1200 Raketen abgefeuert. Obwohl die überwältigende Mehrheit abgefangen und mitten im Flug zerstört wurde, kamen einige durch.

(Während ich diesen Artikel schreibe, ertönte um 1:15 Uhr eine Luftschutzsirene und ich eilte, um meine Kinder und meine Frau zu wecken und sie in den Schutzraum zu bringen).

Da die Hamas wahllos auf Zivilisten schießt, explodierten die Raketen, die durchkamen, und töteten 5 Menschen und viele andere wurden verletzt. Gestern wurde ein 5-jähriger Junge getötet, als ein Schrapnell sein Gesicht durchbohrte, während er mit seiner Mutter in ihrem Haus kauerte. Die Mutter wurde schwer verwundet.

Israel reagierte. Ich bin sicher, dass Ihr Land dasselbe getan hätte.

Seitdem hat Israel die Infrastruktur und die Agenten der Hamas angegriffen.

Da die Hamas die Raketen in dicht besiedelten Vierteln in Gaza aufbewahrt und abschießt, werden bei den Luftangriffen, wenn Israel die Abschussrampen angreift, unbeteiligte Menschen verletzt und manchmal getötet. Die Hamas benutzt ihre eigene Bevölkerung als menschliche Schutzschilde, während sie versucht, so viele Menschen aus unserer Bevölkerung zu töten, wie sie kann.

Sie haben wahrscheinlich gesehen, dass israelische Luftangriffe einige Hochhäuser in Gaza zum Einsturz gebracht haben. Diese Gebäude werden für die Infrastruktur der Hamas genutzt, für Büros und die Orte, an denen Hamas-Agenten mit ihren Familien leben. Bevor die Gebäude bombardiert werden, kontaktiert Israel immer die Bewohner und fordert sie auf, zu evakuieren.

In den letzten 48 Stunden hat Israel Hunderte von Luftangriffen auf den Gazastreifen geflogen, und bei diesen Angriffen wurden 53 Menschen getötet, hauptsächlich Hamas-Aktivisten und Terroristen. Aber leider wurden auch einige Zivilisten getötet.

Wenn Israel wollte, könnte es den Gazastreifen mit einem Bombenteppich bombardieren und es hätte Tausende von Opfern gegeben, aber so sind wir nicht. Wir schießen nicht und zielen nicht wahllos auf die Zivilbevölkerung.

Nach mehr als 20 Jahren Raketen und Raketen, die nach Belieben von der Hamas auf Israel abgefeuert werden, hat sich Israel diesmal entschieden, der Hamas so viel Schaden wie möglich zuzufügen, um sie ein für alle Mal zu stoppen.

Aber im Gegensatz zu anderen Zeiten, in denen es zu Kämpfen kam, ist es diesmal anders.

1,2 Millionen Araber leben in Israel als Bürger, die volle Rechte genießen. Sie haben Zugang zu allem, was Israel zu bieten hat. Bildung, Wohlfahrt, Reisen und Freiheiten, von denen die meisten Araber im Nahen Osten nur träumen können. Sie haben 12 Mitglieder im

israelischen Parlament (die sehr extrem sind und Israel nicht als jüdischen Staat akzeptieren und die Palästinenser vehement unterstützen), es gibt arabische Richter, Anwälte. Ärzte, High-Tech-Arbeiter, Geschäftsinhaber und was nicht alles.

Aber in den letzten 25 Jahren oder so begannen sie, sich auch als Palästinenser zu identifizieren und wurden immer extremer in ihrer Unterstützung für Gaza und ihre Feindseligkeit gegenüber Israel und seiner jüdischen Bevölkerung wuchs.

Als die jüngste Runde der Kämpfe ausbrach, begannen sie in einigen gemischten Städten wie Lod, Akko und Haifa zu randalieren, griffen ihre jüdischen Nachbarn an, brannten jüdisches Eigentum und Autos nieder, plünderten Geschäfte und brannten Synagogen nieder. In der Stadt Lod haben sie zwei Nächte lang randaliert. Viele Juden wurden verprügelt, gelyncht, verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert. Zu ihrer Schande tat die israelische Polizei fast nichts, um diese Ausschreitungen zu stoppen, bis nach anderthalb Tagen spezielle Polizeieinheiten eingesetzt wurden.

Einige jüdische Bewohner von Lod mussten aus Angst vor ihren Nachbarn mitten in der Nacht evakuiert werden. Genau wie vor 80 Jahren in Europa.

Letzte Nacht (3. Nacht seit Beginn der Unruhen) und nachdem sie sahen, dass die Polizei nicht viel tut, um die Unruhen zu stoppen, beschlossen viele junge jüdische Männer, die Sache in die eigenen Hände zu nehmen und in diese Viertel zu gehen, um ihre jüdischen Brüder zu schützen.

Sie fragen sich vielleicht, warum die Polizei nichts unternimmt. Nun, das verdient einen eigenen Beitrag, aber ich will nur sagen, dass das sehr fortschrittliche Justizsystem in Israel, das der wahre Herrscher dieses Landes ist, volle Autorität hat und jede Regierungsentscheidung umstoßen kann, wenn sie ihm nicht gefällt, eine große Rolle dabei spielt.

Vor zwei Nächten, während der Unruhen, versuchte ein jüdischer Mann, sich und seine Familie vor Randalierern zu verteidigen und erschoss einen von ihnen mit seiner legal besessenen Handfeuerwaffe. Der Randalierer starb. Der Mann wurde sofort verhaftet und befindet sich in Polizeigewahrsam, wo er wegen Mordes angeklagt wird. Seine Behauptungen zur Selbstverteidigung im Angesicht einer lebensbedrohlichen Gefahr beeindruckten den Richter nicht.

Als die Leute all diese Ausschreitungen, Plünderungen und Brände sahen, wurden sie sehr wütend. Sie werden überrascht sein, aber in Israel, und nicht erst seit heute, gibt es ein allgemeines Gefühl, dass Araber, da sie als Minderheit betrachtet werden, alles tun können, was sie wollen, und es würde ihnen verziehen werden, aber Juden können nichts tun. So ist es in Israel, das von progressiven Medien, dem Justizsystem, der Wissenschaft und anderen Eliten dominiert wird.

Letzte Nacht, nachdem wir gesehen haben, dass der Polizei angesichts der arabischen Ausschreitungen die Hände gebunden sind, und nachdem Nachrichten über einen jungen männlichen Lehrer bekannt wurden, der von arabischen Randalierern in der Stadt Akko gelyncht wurde und sich in kritischem Zustand befindet, beschlossen viele, die Dinge in die eigenen Hände zu nehmen, und es kam zu einem offenen Kampf zwischen Arabern und Juden.

Sie haben wahrscheinlich das entsetzliche Video gesehen, in dem Juden einen arabischen Fahrer brutal angreifen. Alle israelischen Regierungsvertreter und politischen Führer verurteilten diesen Vorfall aufs Schärfste, so wie ich auch.

Ich hoffe, Sie haben auch die Berichte über die arabischen Unruhen gesehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob Ihnen das zur Kenntnis gebracht wurde.

Mit einer Ausnahme hat kein einziger arabischer Führer das gewalttätige Verhalten der arabischen Randalierer verurteilt, und einige Führer haben sie sogar ermutigt.

Das ist also die aktuelle Situation in meinem Land.

Wir haben einen Krieg an zwei Fronten.

Einen mit der Hamas, die ein langjähriger Feind ist, der auf die Zerstörung Israels aus ist. Und einen Bürgerkrieg mit den arabischen Bürgern Israels, die sich für eine Seite entschieden haben und die Hamas voll unterstützen.

Ich vermute, dass in Ihrem Land ein solches Verhalten als „Beihilfe zum Feind in Zeiten des Krieges“ bezeichnet werden würde. Ich vermute, dass die Sanktionen gegen ein solches Verhalten sehr streng sein würden.

Es ist eine sehr schwierige Zeit in Israel, ich denke, das Gefüge der israelischen Gesellschaft ist zerrissen und ich fürchte, es wird für eine sehr lange Zeit nicht geheilt werden.

(Eine weitere Sirene ging gerade an und wir hörten Bumm-Geräusche nicht weit entfernt, anscheinend wurde ein Gebäude in meiner Stadt getroffen und 5 Menschen wurden verletzt)

Ich weiß nicht, was Ihre Position oder Meinung zu diesem Thema ist. Einige von Ihnen sind wahrscheinlich nicht sehr betroffen. Aber aus irgendeinem Grund war es mir wichtig, es Ihnen aus meiner (unserer) Perspektive zu erzählen.

Yossi Krichely, 12.5.2021

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Donkey Shot

Der Humus hat aufgrund der nun schon länger anhaltenden räumlichen Trennung von seiner Heimat ein neues Ritual entwickelt. Jede zweite Woche schickt er einen musikalischen Shabbat Shalom Gruss an seine Freunde. Er greift dazu tief in den unerschöpflichen Fundus an hebräischen Liedern. Hat er eins gefunden, das seinen hehren Kriterien – historischer, soziologischer oder musikalischer Art – entspricht, dann geht’s ans Üben, bevor das Endprodukt pünktlich auf Whatsapp versendet wird. (Leider wird es auch auf Whatsapp aufgenommen…)

Der Humus hat einen grossen Freundeskreis und so gluckst sein Handy während des Nachtessens öfters: lauter wohlwollende Kommentare. Es geht doch nichts über gute Freunde!

Das gestrige Produkt war ein Duett und ja, den zweiten Part, der mit „Oh Don Quichotte…“ begann, hatte ich übernommen. Das kostete den Humus, noch viel mehr als beim ersten Versuch dieser Art, wochenlange Überzeugungskraft, bis ich schliesslich kapitulierte und ihm den Gefallen tat. Das bin ich ihm schuldig, denn er tut auch viel für mich. Ausserdem freut es mich, ihn so glücklich zu sehen. Und glücklich war er, als das Lied im Kasten war. Es sei gelungen, fand er, und ich wiederum war froh, dass das Thema endlich vom Tisch war.

Auch der Twenager kam via Homechat in den Genuss dieses musikalischen Höhenfluges und äusserste sich folgendermassen: Er möge dieses Lied «Donkey shot» sehr.

Und ich mag den Humor des Twenagers.
Shabbat Shalom.

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