Kulturelle Aneignung

Nun ist es auch in der Schweiz – genauer: in Bern – dazu gekommen. Ein Konzert wurde abgebrochen, weil sich «einige Anwesende» unwohl fühlten.  Das Unwohlsein hatte sie plötzlich oder auch allmählich befallen, als sie der Dreadlocks der Musiker gewahr wurden und es war nicht dem Umstand zuzuschreiben, dass sie die Haarpracht unhygienisch fanden, sondern fehl am Platz. Weil sie sie sich auf dem Kopf waschechter Schweizer befand.
Das geht natürlich gar nicht (mehr).
Komisch, dass die Veranstalter da nicht schon vorher abgewinkt oder zumindest eine Triggerwarnung rausgegeben haben und das arme Publikum (und die Musiker!) einfach so in den Hammer hatten laufen lassen.
Die Erkenntnis, dass man sich mit sowas aufs Kunsteis begibt, kam wohl etwas spät und die, dass wir gerade dabei sind, das letzte bisschen Verstand zu verlieren, gar nicht.

So weit so gut. Ich amüsierte mich ein bisschen beim Lesen des Artikels und der empörten Kommentare, dachte einmal mehr, es steht irgendwie alles Kopf, die von links schreien nach Verboten und die von rechts nach Toleranz, wo es früher doch mal anders war, wie und wann konnte das passieren, und plötzlich aber lief es mir kalt den Rücken hinunter.
Mit einem Mal wurde mir nämlich klar, dass ich mich in jüngster Zeit schon mehrmals des unverzeihlichen Vergehens kultureller Aneignung schuldig gemacht hatte. Schuld ist zwar der Humus, der mich immer so lange bearbeitet, bis ich zähneknirschend nachgebe, und mit ihm ein Duett zum Besten gebe, um wieder für ein paar Wochen meine Ruhe zu haben, aber mitgegangen ist mitgehangen. Ausserdem darf er das und ich nicht. Wo ich nicht mal so richtig verstehe, was ich genau singe.

Na ja, beim letzten Mal handelte es sich um ein Liebeslied (ich kann es leider nicht hochladen, sonst müsste ich zuerst upgraden und wo wir doch grad beim ultimativen und generellen Downgrade sind…) . Eigentlich sollte es, finde ich, erlaubt sein, von der Liebe zu singen, egal in welcher Sprache, wo doch nichts anderes die Welt mehr retten kann. Aber vielleicht gilt das auch nicht mehr und nur noch die Franzosen dürfen lieben und wir Schweizer nur noch Käse machen.

Schade eigentlich…

Leider nicht das Audio von „Tachat etz ha’ahava“ (Unter dem Baum der Liebe), dafür ein Schnappschuss von gestern unter dem Motto „Auch ein Rücken kann entzücken“.

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