Arbeitsfrust zum Jahresende

Ok, zugegeben – ich bin mit ziemlich vielen Überstunden ins neue Schuljahr gestartet. Ein neuer Job, will man ihn gut machen, bedingt nun mal einen gewissen Effort.

Ich liebe ihn , diesen Job, sogar mehr denn je, trotz der Überstunden. Da ich das Privileg habe, nicht auf einen 100% Lohn angewiesen zu sein, kann ich mir eine Teilzeitanstellung erlauben. Bekannterweise arbeitet man da im Verhältnis tendenziell mehr, ist dafür aber übers Ganze gesehen weniger Burnout gefährdet. Da liegt es auch drin, dass meine Teampartnerin  Mutter von drei kleinen Kindern ist und wir gemeinsame Exkursionen auf ihre Tage legen oder ich ausnahmsweise auch mal eine Sitzung von ihr übernehme. Mache ich gerne, weil: Ich habe Zeit.

Das neue Schuljahr liess nicht viel Spielraum, Überstunden abzubauen: Mitarbeiterbeurteilung (ich durfte zum ersten Mal auch ein mehrseitiges Dossier über meine Arbeit verfassen, was mir schreibmässig glücklicherweise leicht fiel, aber dennoch ein paar Stunden in Anspruch nahm), die Vorbereitung des Übertritts in die Oberstufe mit den damit verbunden Elterngesprächen, zwei kurzfristig eintretende neue Schüler mit zusätzlichem Administrationsaufwand sowie ein paar Zusatzarbeiten im Zusammenhang mit dem Wechsel auf eine Tagesschule verhielten sich konträr zu meinen guten Vorsätzen. Egal – ich habe dieses erste halbe Jahr gut gemeistert, die Freude am Unterrichten trotz Mehrarbeit nicht verloren und mir bereits selber auf die Schulter klopfen wollen, als der Hammer kam.

Ich hätte so und so viele Überstunden und sei zwingend angehalten, diese im Laufe des nächsten Jahres abzubauen, stand in dem Mail des Schulleiters. Dazu müsse ich einen Plan machen, wie ich diese Überstunden zu kompensieren gedenke – er danke mir für meine Kooperation –  und darauf achten, im neuen Jahr meine Arbeit in den dafür vorgesehen so und so vielen Wochenstunden zu erledigen.

Weil ich ein viel zu pflichtbewusster Mensch bin, setzte ich mich, statt nach Hause zu gehen, nochmals an den Computer und rechnete aus, wie viele Stunden ich in den kommenden Monaten irgendwie mit Ferien kompensieren kann, ohne meine Arbeit allzu schludrig zu machen.  Das dauerte höchstens eine halbe Stunde, allerdings war ich etwas ratlos, wo in der Zeiterfassung ich die jetzt aufschreiben sollte. Ich liess es dann bleiben und schrieb auch sonst eine Stunde weniger auf, als ich an diesem Tag gearbeitet hatte. Irgendwo muss man ja mal beginnen mit dem „Kompensieren“…

Überhaupt – diese Zeiterfassung.
Es wird viel geredet über sie. Nachdem ich mich jetzt schon über ein Jahr damit herumschlage, muss ich leider ganz salopp sagen: Was für ein Blödsinn!!

Abgesehen davon, dass sie in verschiedenen Schulkreisen ganz unterschiedlich gehandhabt wird, sind die Sollstunden schlicht zu knapp bemessen. Wenn ich im Klassenlager pro Tag gerade mal zwei Stunden pro Tag zusätzlich zum Unterricht aufschreiben darf, ist das lächerlich, wo ich sogar an einem ganz gewöhnlichen Schultag länger in der Schule bin, aber nicht wie im Klassenlager rund um die Uhr in der Verantwortung stehe. Eine halbe Stunde pro Lektion fürs Vor- und Nachbereiten? Naja…wer selber unterrichte, weiss, was ich meine!

Seit Jahr und Tag stehe ich im Clinch mit mir selber. Soll ich wirklich alles aufschreiben, so wie es die Kollegin, die sich in der Gewerkschaft engagiert und die mir öfters ins Gewissen redet, fordert? Soll ich grosszügig abrunden, weil ich zum Perfektionismus neige und nicht mehr zwanzig bin, also vielleicht auch ein bisschen langsamer geworden bin? Soll ich das Üben für den Tanz oder die Weihnachtslieder, das vorgängige Lesen der Klassenlektüre oder von Fachliteratur wie bisher unter Hobby verbuchen?

So wie ich das sehe, bleiben mir jetzt zwei Möglichkeiten fürs kommende Jahr.
Entweder arbeite ich wirklich deutlich weniger, lasse die Schüler noch mehr selber korrigieren und gehe dazu öfters unvorbereitet in die Schule, was sich nicht nur auf die Qualität des Unterrichts, sondern vor allem auch auf meine eigene Motivation auswirken wird, oder ich frisiere meine Zeiterfassung und schreibe nur noch einen Teil meiner wirklich geleisteten Arbeitszeit auf, womit ich gewerkschaftlich gesehen meinen Kollegen und Kolleginnen in den Rücken fallen würde (und irgendwie auch mir selber).

Ich weiss, dass ich etwas mehr arbeite, als ich müsste. Dafür erwarte ich kein Dankeschön. Was für mich zählt, ist meine eigene Zufriedenheit. Die ist aber gerade stark gefährdet und zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren „stinkt“ mir mein Job. Gut, sind bald Ferien. Ich werde versuchen, meine Vorbereitungen fürs nächste Quintal auf ein absolutes Minimum zu reduzieren und wie gefordert Arbeitsstunden abzubauen. Wenigstens auf dem Papier. 

Die Frage ist jetzt bloss: Wer kompensiert mich für meinen Frust?

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2 Antworten zu Arbeitsfrust zum Jahresende

  1. anneinsideoffice schreibt:

    Ich verstehe deinen Frust sehr gut. Gerade wenn es um Kinder und Unterricht geht, sollte doch niemand etwas gegen genügend Vorbereitung haben 😀

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