Denk mal

Nach Knuts tragischem Tod, der selbst die Umweltkatastrophe in Japan oder die Vorgänge in Libyen überschattet, trauert die Menschheit um den heissesten Bären der letzten Jahre, der nun kalt ist (was ihm ja vielleicht ganz recht ist, aber trotzdem).

Mich über diese Trauer lustig zu machen, liegt mir fern – auch wenn ich den Medienrummel befremdlich finde – denn ich weiss aus eigener Erfahrung: Man kann sein Herz auch an ein Tier hängen und der Abschied von diesem fällt ungemein schwer. Nicht alle können so gut damit umgehen wie ein ehemaliger Schüler, der auf die schroffe Frage, was das für ein kuscheliges Fell sei, in das er seine Nase nun schon seit geraumer Weile drücke, lächelnd sagte: „Das isch mis Häsli gsi.“ (Für nichtschweizerdeutschsprechende Menschen hier die ungefähre Übersetzung: Das war mein geliebtes Kaninchen, das ich während der letzten Jahre gefüttert habe, mit dem ich Freud und Leid geteilt und dem ich meine geheimsten Gedanken anvertraut habe, das in meinem Zimmer schlafen durfte und das ich auf den Namen „Hoppel“ getauft habe. Wenigstens habe ich jetzt noch sein Fell). Obwohl ich das Fell von Minute an mit ganz anderen Augen betrachtete und die angepeilte Rüge hinunterschluckte, erschien mir das mit Verlaub ein wenig … seltsam?

Eher konnte ich mich da mit einem Mädchen identifizieren, das am zweitletzten Abend im Klassenlager von haltlosem Schluchzen geschüttelt zusammenbrach. Es hatte sich, so stellte sich heraus, in ebendiesem Moment (den Anlass dafür habe ich nie herausgefunden) seines toten Meerschweinchens erinnert. Nach längerem tröstenden Zuspruch und adäquater Anteilnahme wagte ich zu fragen, wann selbiges denn verschieden sei, worauf ich zur Antwort bekam: „Etwa vor zwei Jahren.“

Wie auch immer -äh – ist mir jetzt entfallen, worauf ich eigentlich hinauswollte. Jedenfalls bekommt Knut, wenn er Glück hat, ein Denkmal. Was ihm relativ egal sein könnte. Sein Glück.

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4 Antworten zu Denk mal

  1. runningtom schreibt:

    Immerhin hat Knut während seines kurzen Lebens doch die volle Anteilnahme der Menschheit zumindest in seiner näheren bis weiteren Umgebung geniessen dürfen, nach dem ihn seine Mutter schon zu Beginn seines Lebens verstossen hatte.
    Vielleicht hatte das ja auch seinen Grund, den wir Menschen in unserer allumfassenden Unwissenheit einfach nicht nachvollziehen können. Vermutlich hat auch in diesem Falle letztendlich doch die Natur das letzte Wort gesprochen. Aber auch aus diesem Vorfall von begrenztger Tragweite werden wir wohl ebensowenig lernen wie aus den grössten Katastrophen der Neuzeit.

  2. Renate schreibt:

    Wir bauen eben doch lieber ein Denkmal, statt mal zu denken.

  3. Flohnmobil schreibt:

    Wer wird wohl dereinst – also wenn die ganze Obduktion vorbei ist und Knut in sämtliche Einzelteile zerlegt – seine Nase in des Eisbären flauschiges Fell drücken können….
    …. sofern davon noch etwas übrig bleibt? 🙄

  4. Renate schreibt:

    Nach neusten Meldungen soll Knut ausgestopft werden. Zwar darf man ihn dann wohl nicht knuddeln – das ist bei Exponaten üblicherweise pfui -, aber immerhin wird ihm das besser stehen, als wenn ihn der von Hagen in die Finger kriegt!

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