Blauer Tag

Das hätte ein langer Tag werden können heute.

Es sah jedenfalls ganz danach aus, als ich so früh am Morgen, dass es noch fast in der Nacht war, durch die Stadt fuhr. Das zweitletzte Mal war ich in meinem vorhergehenden Leben so unterwegs gewesen, das letzte Mal vor etwa 15 Jahren. Damals war der Teenager noch ein Baby und ich fuhr mit dem einzigen Zweck durch die Nacht, ihn endlich, ENDLICH zur Ruhe zu bringen. (Es hat übrigens funktioniert, das ist kein blödes Gerede. Bloss hielt die Ruhe, als wir wieder zu Hause waren, nur knappe fünf Minuten hin.)

Heute Morgen fuhr ich also durch die Nacht, obwohl der Teenager ungewöhnlich ruhig war. Er sass neben mir und freute sich auf seine Ferien.Ihretwegen und weil sie mit einer langen Reise verbunden waren, musste ich ihn fristgerecht bei seinen Gastgebern abliefern. Nach einem tränenreichen Abschied (Ich gebe es zu: Ein paar klitzekleine Freudentränen waren auch dabei) überliess ich den Teenager seinem Schicksal, beziehungsweise unseren Freunden und zog von dannen. Allein.

Auf dem Heimweg, als es am Horizont hell wurde, begann ich den besonderen Charme der blauen Stunde zu geniessen. Nur die Strasse und ich – ganz selten ein anderes Fahrzeug, zum Beispiel der Bus mit der Aufschrift „Dienstfahrt, bitte nicht einsteigen“ – vermutlich der Nachtbus, der zur Desinfektion fuhr -, lustig orange blinkende Ampeln und hie und da eine putzige Bierleiche. So ein Sonntagmorgen hat durchaus etwas für sich und nur die dichte Bewölkung hielt mich davon ab, mir die Haare zu raufen, weil: Ich hatte den Fotoapparat nicht dabei.

Wieder zu Hause fand ich den Handyman erwartungsgemäss im Tiefschlaf vor und um ihn nicht zu stören – und nur darum! – kroch ich ganz, ganz leise wieder unter die Bettdecke.

Was soll ich sagen? Es hätte ein sehr langer Tag werden können, aber aufgrund der Umstände war jetzt eigentlich doch – eher kurz.

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